Praxis-Einblick: baulicher Brandschutz & Mischinstallationen
Baulicher Brandschutz spielt für TGA-Fachplaner eine immer größere Rolle. Die Gründe dafür: steigende Baukosten und, daraus resultierend, möglichst knapp bemessene Schächte. Die Herausforderung besteht darin, verschiedene Leitungsdurchführungen möglichst effektiv auf engstem Raum zu planen – und dabei trotzdem den Anwendbarkeitsnachweis für den Brandschutz zu erfüllen.
Ein Problem - vor allem in der Praxis. Das bestätigt auch Dipl.-Ing. Uwe Pröve im Gespräch. Der TGA-Fachplaner vom Ingenieurbüro Sprengel, Pröve & Partner Ingenieurgesellschaft mbH aus Hannover kennt sich selbst zwar bestens mit den notwendigen Ver- und Anwendbarkeitsnachweisen aus. Auf Baustellen stößt er damit aber immer wieder auf Unverständnis. Im Gespräch gibt er uns spannende Einblicke in Erlebnisse aus der Praxis und zeigt Möglichkeiten auf, wie Planer mit den Herausforderungen im Brandschutz umgehen können.
Mischinstallationen und ihre abnahmesichere Auslegung erfordern ein Umdenken aller Beteiligten.
Grundlagen einfach erklärt: Mischinstallationen
Mischinstallationen sind Metallrohre, die durch feuerwiderstandsfähige Bauteile geführt werden und an die ein- oder beidseitig brennbare Kunststoffrohre angeschlossen werden.
In der Installationswelt werden im Bereich von Trinkwasser- und Heizungsanlagen weite Teile der Installationen als sogenannte Mischinstallation ausgeführt.
Die Stränge, die die Stockwerke miteinander verbinden, werden aus nichtbrennbaren Rohrwerkstoffen ausgeführt. Im Stockwerk selbst erfolgt dann der Wechsel auf brennbare Kunststoffrohre – entweder an der Strangleitung oder in der Nutzungseinheit häufig in Verbindung mit Mess-, Regel-, Zähl-, Verteil- oder Absperrarmaturen.
Die Komplexität, die aus den verschiedenen Rohrleitungssystemen mit unterschiedlichen Ver- und Anwendbarkeitsnachweisen resultiert, führt dabei in der Praxis häufig zu Herausforderungen.

Im Überblick: Herausforderungen auf der Baustelle
Steigende Kosten, wenig Platz
Der bauliche Brandschutz spielt für TGA-Fachplaner in der Planung und Objektüberwachung eine immer größere Rolle. Grund sind die steigenden Baukosten und, daraus resultierend, möglichst knapp bemessene Schächte.
Leitungsdurchführungen sollen deshalb möglichst oft effektiv auf engstem Raum geplant werden – ohne aber den Anwendbarkeitsnachweis für den Brandschutz zu vernachlässigen.

Die Abbildung zeigt: Schächte werden möglichst knapp ausgelegt, Brandschutznachweise sind entsprechend anspruchsvoll.

Zu sehen ist hier ein typisches Beispiel eines auf Nullabstand belegten Schachtes mit Etagenabgängen als Mischinstallation. Die Steigestränge Heizung/Sanitär sind aus metallenen Rohrleitungssystemen, auf der Etage folgt Kunststoff.
Rohrleitungssysteme & Nachweise: ein bunter Mix
Im Schacht verlaufen in der Regel verschiedene Leitungssysteme. Das heißt: oft treffen unterschiedliche Brandschutzsysteme aufeinander.
Werden durchgängige Leitungssysteme als Metallrohrsystem genutzt, beispielsweise für die Wärmeverteilung vom Wärmeerzeuger bis zum Heizkörper, reicht als Anwendbarkeitsnachweis für den Brandschutz meist ein Prüfzeugnis.
Werden Leitungssysteme aber gemischt, ist ein Prüzeugnis nicht ausreichend. Der Anwendbarkeitsnachweis für Abschottungen an Mischinstallationen ist eine Bauartgenehmigung.
Das Beispiel zeigt: im Schacht kann es einen bunten Mix aus Systemen und notwendigen Nachweisen geben. Spätestens, wenn beispielsweise fünf Abschottungsmaßnahmen mit fünf unterschiedlichen Anwendbarkeitsnachweisen beachtet werden müssen, wird es im wahrsten Sinne des Wortes eng.
Fehlende Kenntnis über Regelungen und Lösungsmöglichkeiten
Ein zusätzliches Problem für TGA-Fachplaner: kaum jemand auf den Baustellen kennt die Vorgaben und Regelungen für Mischinstallationen. Das ist umso kritischer, da ein fehlender Nachweis des Brandschutzes zumeist als wesentlicher Mangel ausgelegt wird.
Im Ergebnis bedeutet das: eine mangelfreie Abnahme in der Bauüberwachung ist unmöglich.

Ein kritisches Problem auf vielen Baustellen: fehlende Kenntnis zu notwendigen Ver- und Anwendbarkeitsnachweisen.
Praxis-Einblicke: ein Gespräch mit Dipl.-Ing. Uwe Pröve

"Das Thema Mischinstallationen und Brandschutz mit all seinen Herausforderungen gibt es auf jeder Großbaustelle - die Probleme im fachgerechten Umgang nahezu auch", sagt Dipl.-Ing. Uwe Pröve vom Ingenieurbüro SPP aus Hannover.
Im Gespräch gibt er weitere spannende Einblicke in seine Erfahrungen auf Baustellen und zeigt auf, wie Planer mit den Herausforderungen zurecht kommen können.
Herr Pröve, auch Sie sagen, dass die Mischinstallation und ihre abnahmesichere Auslegung ein Umdenken aller Baubeteiligten erfordert. Was ist der Hintergrund?
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Der Hintergrund ist typischer Baustellen ...
... Alltag. Wir fordern zum Beispiel in unseren Ausschreibungen konkret ein bestimmtes Produkt, exemplarisch sei ein definiertes Rohrleitungssystem angenommen, mit einer dazu passenden Abschottungsmaßnahme, also mit Anwendbarkeitsnachweis. Um die erfolgreiche Umsetzung im nachfolgenden Prozess auch abzusichern, informieren wir die Objektbeteiligten entsprechend – und die Bauausführenden bestätigen uns, dass die entsprechenden Nachweise vorliegen und die Bauartgenehmigungen nachgereicht werden. Auf diese Aussagen basierend läuft die Bauausführung weiter, doch weder die Nachweise noch die Bauartgenehmigungen werden vorgelegt.
Im Krisengespräch ziehen sich der Installateur und ein Vertreter des Brandschutzherstellers auf die Position zurück, „der Ausführende setze seit Jahrzehnten die Produkte des Herstellers XYZ ein und es habe noch nie ein Problem gegeben. Man hätte doch alle Prüfzeugnisse und Zertifikate und würde schon immer so arbeiten.“ Mir blieb dann keine andere Wahl, als das Gespräch abzukürzen und eine letzte Frist zu geben, um die Nachweise zu liefern.
Das zeigt eigentlich am besten, wie viel Aufklärungsarbeit seitens des DIBt und der Industrie, aber auch der Verbände noch notwendig ist. Das können wir als Planer vor Ort, am konkreten Objekt einfach nicht leisten – und es ist auch nicht unsere Aufgabe!
Zu Ihren originären Aufgaben gehört es aber, das Thema „Mischinstallation“ qualifiziert in die Ausschreibungen zu bringen. Wie machen Sie das?
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Diese Aufgabe...
... war eigentlich ganz einfach zu lösen. Wir haben unsere Ausschreibungen schlichtweg an die richtigen Anwendbarkeitsnachweise angepasst. Werden Rohrleitungen in Mischinstallation verbaut, was bei uns in nahezu allen Bauvorhaben der Fall ist, so kann ich nur noch die Fabrikate und Brandschutzlösungen ausschreiben, die über eine gültige Bauartgenehmigung für Mischinstallation verfügen. Neutrale Ausschreibungen sind dadurch natürlich noch komplizierter geworden.
Inwiefern sind neutrale Ausschreibungen komplizierter geworden?
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Zum einen gibt es zwar inzwischen mehr als ...
... einen Hersteller mit Bauartgenehmigung. Dadurch kann ich den Passus „oder gleichwertig“ mit gutem Gewissen hinzufügen. Nachholbedarf besteht aber bei den Ausschreibungstexten, die kaum ein Hersteller passend anbietet. Wenn ich neutral ausschreibe, muss ich jetzt also genau das Rohrleitungssystem und die Anforderungen an den Brandschutznachweis als Rohrleitungssystem in Mischinstallation mit einer Bauartgenehmigung als Anwendbarkeitsnachweis beschreiben.
Wie sieht es denn aus, wenn diese Ausschreibungen verpreist wieder an Sie zurückkommen?
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Bislang habe ich leider noch niemanden ...
... als Bieter gehabt, der das Thema Mischinstallation und Bauartgenehmigung in meinen Ausschreibungen bemerkt hat. Also muss ich wieder prüfen, ob die angebotenen Rohrsysteme zusammen, also in einer Mischinstallationskombination, zulässig abgeschottet werden können. Meist spiele ich den Ball deswegen als unklares Angebot direkt wieder zurück, weil ohne Verwendbarkeitsnachweis für den Brandschutz die Abnahme von Anfang an gefährdet ist.
Je nach Beauftragung kann es passieren, dass ein Fachplaner erst im Rahmen der Vergabeverhandlungen hinzukommt oder die Objektüberwachung ab der Montageplanung überwachen soll. Hier muss das Thema dann meist ganz am Anfang bei einer Einweisung sehr deutlich gemacht werden.
Wie häufig passiert das und wie gehen Sie dann vor?
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Um mit der ersten Frage zu beginnen: Es passiert ...
... häufig. Etwa 95 Prozent der mir vorgelegten Werks- und Montageplanungen haben das Thema noch nicht berücksichtigt. Werks- und Montageplanung war vor 30 Jahren eine Planung vor der Montage. Inzwischen wird gebaut und parallel geplant, oder die Werks- und Montageplanung ist mehr zur Dokumentation geworden. Dann muss ein Fachplaner schnell reagieren, indem er alle Beteiligten zu einem gemeinsamen Termin mit dem Tagesordnungspunkt „Brandschutz-Abschottungen“ einbestellt und die Vorlage der geplanten und verwendeten Anwendbarkeitsnachweise verlangt. Ist das nicht möglich, wird die Bauausführung sofort gestoppt. Im schlimmsten Fall muss rückgebaut werden, denn sonst steht auch der Fachplaner voll in der Haftung.
Hinzu kommt das Risiko für die Bauherren und Betreiber. Denn selbst, wenn ich als Planer etwas ungeprüft übersehen würde und das Gebäude in Betrieb geht, gibt es auf einen möglichen Brandschutzmangel keinen Bestandschutz. Irgendwann wird der Eigentümer oder Betreiber damit konfrontiert und bleibt im schlechtesten, inzwischen aber häufigen Fall auf dem Schaden sitzen.
Was würden Sie Ihren Planer-Kollegen in Deutschland aufgrund Ihrer Erfahrungen zum Umgang mit dem Thema „Mischinstallation“ empfehlen?
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Ich würde Ihnen empfehlen, von Anfang an ...
... auf eine korrekte Ausschreibung zu achten und das Angebot genauestens zu prüfen. Vor der Montage, also noch vor Beginn der Bauausführung, sollte man sich die Anwendbarkeitsnachweise vom Bieter geben lassen und diese mit dem Bieter persönlich durchgehen. Bei der Ausführung selbst sollte zumindest exemplarisch darauf geachtet werden, dass auch das gebaut wird, was ausgeschrieben und beauftragt ist – bis hin zur richtigen Beschilderung, da Mischinstallationen mit Bauartgenehmigung am Schott beschildert sein müssen. Komplettiert wird das Paket schließlich durch die korrekte Dokumentation inklusive Übereinstimmungsbestätigung und Hinweis auf eventuelle Abweichungen sowie die Bestätigung, dass diese nicht wesentlich sind.
Herr Pröve, wir danken für dieses Interview und die vielen wertvollen Hinweise!
Passend zum Thema: Referenzen, Downloads & Links
Mit unserem vielfältigen Angebot an brandschutztechnisch geprüften Rohrleitungssystemen und -kombinationen erfüllen wir die hohen Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz. So lassen sich zum Beispiel sämtliche Viega Rohrleitungssysteme im Nullabstand verlegen.
Das ermöglicht es, speziell Leitungsdurchführungen qualifiziert umzusetzen und die beschriebenen Herausforderungen bestmöglich zu meistern. So bieten wir die Voraussetzungen für sichere Gebäudeinstallationen.
Auf der Grundlage unserer Rohrleitungskompetenz haben wir Abschottungssystematiken entwickelt, die unabhängig von der Belegung einer Durchführung notwendigeBrandschutzanforderungen erfüllt. Viega Systemlösungen sind in vielen Kombinationen - auch zu Fremdsystemen - geprüft. Beispiele dafür finden Sie in unseren Referenzen.