Nach dem verheerenden Hochwasser: Schäden an der Trinkwasserinstallation richtig beheben
Viele SHK-Betriebe (und Hausbesitzer), die in Flussnähe beheimatet sind, kennen den Umgang mit Hochwasserschäden. Doch die Hochwassergefahr steigt auch in Regionen, die bislang nicht betroffen waren. Starkregen, der binnen weniger Stunden ganze Landstriche unter Wasser setzt, sowie Grundhochwasser treten dort dann oft völlig überraschend und unvorbereitet auf. Entsprechend häufig wird die Frage gestellt, was nach einem Schadensfall zu tun und wie vor allem die lebenswichtige Trinkwasserinstallation zu schützen ist. Antworten dazu gibt Trinkwasserexperte Dr. Christian Schauer in diesem Blogbeitrag.
Hochwasser ist in vielerlei Hinsicht eine Katastrophe. Ein ganz unmittelbares Problem stellt zum Beispiel die Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser dar. Kurzfristig wird die lebenswichtige Grundversorgung zwar durch Maßnahmen der Katastrophenhilfe sichergestellt. Doch damit die hauseigene Trinkwasserinstallation nach dem Schadensereignis, nach der Überflutung wieder eine einwandfreie Trinkwasserqualität liefert, sind gezielte Sanierungsschritte entscheidend.
Auch lange nach einem Hochwasser kann die Trinkwasserqualität beeinträchtigt sein – beispielsweise durch beschädigte oder kontaminierte Trinkwasserinstallationen. (Bild: Pixabay; hochwasser-elbe-meißen-notfall-not-876580; LucyKaef)
Kontaminationen beseitigen
Flutwasser kann die Trinkwasserinstallation von innen und außen schädigen und sogar kontaminieren. Kläranlagen laufen mitunter über und tragen dann zumindest vorübergehend verunreinigtes Trinkwasser ein. Fließt Hochwasser in hauseigene Brunnen, enthält dieses Reservoir viele Schadstoffe. Art und Quellen der Schadstoffe sind sehr unterschiedlich. Das Umweltbundesamt nennt zum Beispiel Fäkalien aus der Kanalisation, Heizöl aus beschädigten Tanks, chemische Stoffe von überfluteten Industriegeländen, Düngemittel von Ackerflächen oder belastete Sedimente aus Flüssen. Das kann die Trinkwassergüte auch lange Zeit nach dem Hochwasserereignis noch beeinträchtigen und später zu Schäden an der Trinkwasserinstallation führen.
Deshalb sind folgende Dinge zu tun: Sobald es möglich ist, müssen durchfeuchtete Rohrdämmungen entfernt und entsorgt werden. Das beugt äußeren Korrosionsschäden vor. Dabei sollte unbedingt auf eine passende Schutzausrüstung geachtet werden. Denn von dem belasteten Hochwasser und deren Rückständen gehen Gesundheitsgefahren aus. Empfehlungen zu sicheren Aufräumarbeiten gibt beispielsweise das Umweltbundesamt.
Im zweiten Schritt ist es notwendig, überflutete Rohre und die weiteren Komponenten der Trinkwasserinstallation abzuwaschen. Denn anhaftende Verunreinigungen verursachen ebenfalls Korrosion und erhöhen das Risiko, dass Keime in die Installation gelangen – unter anderem durch Trinkwasserfilter oder Armaturen von Entnahmestellen.
Sind viele Häuser von einer Überschwemmung betroffen, haben SHK-Betriebe allerdings meist extrem viel zu tun. Daher können Fachhandwerker diese Arbeiten mit den entsprechenden Sicherheitshinweisen auch an die Hauseigentümer delegieren. Alle weiteren Maßnahmen sind allerdings selbst auszuführen, damit sie fachgerecht sind.
Eine erneute Dämmung der Rohrleitungen darf nach einem Hochwasserereignis erst erfolgen, wenn die gesamte Installation mit sauberem Trinkwasser abgewaschen und getrocknet ist.
Instandsetzungsarbeiten
Liegen sämtliche Bauteile der überfluteten Trinkwasserinstallation frei und sind gesäubert, sollten alle Rohre, Armaturen und Befestigungen auf mechanische Schäden hin untersucht werden. Beschädigungen können beispielsweise durch im Keller aufschwimmende Gegenstände geschehen sein. Diese Mängel sind instand zu setzen. Steht vom Versorger wieder einwandfreies Trinkwasser zur Verfügung, muss die gesamte Installation zudem fachgerecht gespült werden (siehe dazu DVGW-Arbeitsblatt W 557 „Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen“ sowie die ZVSHK-Merkblätter „Spülen, Desinfizieren und Inbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen“ und „Dichtheitsprüfung von Trinkwasser-Installationen“). Ist ein Trinkwasserfilter verbaut, gilt es, entweder die Filterpatrone auszutauschen oder den Filter zumindest intensiv rückzuspülen.
Wurde die Trinkwasserinstallation gemäß den Richtlinien der Fachverbände gespült, sind mit größter Wahrscheinlichkeit alle Innenkorrosion auslösenden Fremdstoffe und gesundheitsgefährdenden Schadstoffe entfernt. Eine vorsorgliche chemische Desinfektion ist nicht erforderlich und macht in diesem Zusammenhang auch keinen Sinn.
In Gebäuden mit einem sensiblen Nutzerkreis, wie Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Kindertagesstätten, sollte aber nach Abschluss der Instandsetzungsarbeiten und der Spülung eine Probenahme erfolgen: Werden zum Beispiel E.Coli-Bakterien nachgewiesen, ist dies ein sicherer Hinweis auf eine Trinkwasserbelastung mit Fäkalien und dann wahrscheinlich auch mit anderen Schadstoffen. Es besteht akuter Handlungsbedarf – geeignete Schutzmaßnahmen sind dabei mit dem Gesundheitsamt abzustimmen
Vorausschauende Instandsetzung
Arbeiten an der Trinkwasserinstallation nach einem Schadensereignis sind zudem eine gute Gelegenheit, um generell bestehende Gefahren für die Trinkwasserqualität in diesem Zuge mit zu beseitigen, beispielsweise Totstrecken oder unzureichend durchströmte Bypässe. Außerdem können Eigentümer auf mangelhafte Schutzeinrichtungen hingewiesen werden.
In vielen Gebäuden fehlt beispielsweise ein Rückstauverschluss oder er ist defekt. Bei Hochwasser wird so Abwasser ins Haus gedrückt und kontaminiert Räume und Installationen selbst dann, wenn von außen kein Wasser eindringt. Darüber hinaus ist die Nachrüstung eines Trinkwasserfilters sinnvoll, sollte noch keiner installiert sein. Er hält – über den Hygieneschutz hinaus – Partikel im Trinkwasser zurück, die unter Umständen zu Lochkorrosion in den Trinkwasserrohrleitungen führen.
In vielen Gebäuden fehlt ein Rückstauverschluss. Auf dem Bild ist Grundfix von Viega zu sehen.
Hochwasserschäden auf Baustellen
Wird ein Rohbau von Hochwasser erfasst, sind die Schäden häufig zwar einfacher zu beheben. Aber die Risiken einer Kontamination der noch nicht fertiggestellten Trinkwasserinstallation dürfen auch hier nicht unterschätzt werden. Mit gefährlichen Schadstoffen belastetes Flutwasser kann gerade in offene Rohrleitungsabschnitte eindringen – selbst, wenn die Rohre vorschriftsgemäß abgestopft sind.
Daher ist zu empfehlen, die gefluteten Rohrleitungsabschnitte konsequent zu spülen und trocknen zu lassen, bevor die Installationsarbeiten fortgesetzt werden. Auch Material, das auf der Baustelle unter Wasser gesetzt wurde, ist sorgfältig mit sauberem Trinkwasser zu reinigen oder sogar zu entsorgen.
Rohre sollten dazu mit Gefälle gelagert werden, damit Restwasser auslaufen kann. Denn: Verbleibt Feuchtigkeit im Installationsmaterial, entsteht förmlich ein Refugium für Keime.
Unabhängig von diesen Vorsorgemaßnahmen ist vor Übergabe der in Betrieb genommenen Trinkwasserinstallation eine Beprobung vorzunehmen.
Werden noch nicht abgeschlossene Trinkwasserinstallationen von Hochwasser erfasst, ist von einer Kontamination mit belastetem Wasser auszugehen. Nach dem ohnehin obligatorischen Spülen ist in diesem Fall vor Übergabe an den Betreiber eine Beprobung zu empfehlen.
Was tun, wenn der eigene Betrieb betroffen ist?
Die Sanierung einer überfluteten Trinkwasserinstallation ist aber nur das eine. Genauso kann es jedoch geschehen, dass Großhändler oder Handwerksbetriebe mit gelagertem Installationsmaterial vom Hochwasser betroffen sind. Hiermit sollten Fachhandwerker genauso sorgfältig umgehen, wie mit auf der Baustelle gelagertem Material. Denn selbst in original verpackte Kunststoffbeutel mit Verbindern oder Ähnlichem kann bei solchen Extremereignissen verschmutztes Wasser eindringen. Lässt sich das Material nicht kurzfristig reinigen, trocknen und verbauen, ist es sicherheitshalber zu entsorgen und der Versicherung als Schaden zu melden.
Weitere Fragen zum Umgang mit Hochwasserschäden beantwortet gerne die Viega Servicetechnik.
Bei einer Überschwemmung kann das auf der Baustelle oder beim Großhandel und Handwerksbetrieb gelagerte Installationsmaterial durch Hochwasser selbst dann kontaminiert werden, wenn die Rohrenden ordnungsgemäß abgestopft sind. Ist ein Spülen mit sauberem Trinkwasser möglich, muss auf sorgfältige Trocknung und möglichst zügige Verwendung geachtet werden.
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Viele Grüße,
Ihr Viega Team
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