Schallschutz bei Versorgungs- und Entsorgungsleitungen
Versorgungsleitungen: Körperschallübertragung
Nur eine genaue Ausführung der Durchdringungen und Durchführungen zwischen Rohrleitungssystem verhindert eine Schallübertragung in die Bauteile. Aufgebrachte Dämmungen sollten möglichst fugenfrei verarbeitet werden, damit beim Verschließen der Bauteile, z. B. mit Mörtel, kein direkter Kontakt zur Rohrleitung durch Ritzen oder Spalte entstehen kann. Für die eigentliche Durchdringung empfiehlt die DIN 4109:2016 die Verwendung von „weichfedernden Dämmstoffen“.
Dämmstoffe aus Mineralwolle sind in der Regel als weichfedernder Dämmstoff
gut geeignet, doch es gibt inzwischen eine ganze Reihe an unterschiedlichen
Rohrschalen aus Mineralwolle mit unterschiedlichen Fasereigenschaften,
Raumgewichten und Härten. Dazu kommen die Lamellenmatten aus
Mineralwolle, die oft deutlich weicher sind als Rohrschalen.
Um die Auswirkungen unterschiedlicher „weichfedernder Dämmstoffe“,
so wie sie in der DIN 4109:2016 benannt sind, näher zu prüfen, wurde am
Fraunhofer-Institut Stuttgart eine Vielzahl von unterschiedlichen Mineralwolldämmstoffen in Bezug auf die Körperschallübertragung ins Bauteil
untersucht. Dabei wurden Dämmstoffe verwendet, die auch einen Brandschutznachweis als Rohrabschottung (Viega abP P-2400/003/15-MPA BS) besitzen, da in der Baupraxis in aller Regel Anforderungen an Brandschutz, Schallschutz und die Dämmwirkung gestellt werden.
Tabelle unten: Gutachten und Bewertungen.
Die Rohrschalen/Matten wurden in handelsüblichen Abmessungen mit den dafür vorgesehenen Aluminiumklebebändern um die Rohrleitung montiert. Die Dämmstärke betrug jeweils 20 mm und beim Produkt Rockwool Conlit 23 mm (da werkseitig keine 20-mm-Schale lieferbar ist). Der Versuch mit dem Hammerwerk System Gösele ergab folgende Summenschallpegel im UG hinten:
Abbildung oben: Schnittzeichnung des Installationsprüfstands im Fraunhofer-Institut für Bauphysik. Der Prüfstand besteht aus je zwei übereinanderliegenden Räumen im Erd- und Untergeschoss (EG und UG). so dass in Verbindung mit Dach- und Kellergeschoss (DG und KG) auch über mehrere Stockwerke reichende Installation, wie z. B. Abwassersysteme, geprüft werden können.
Es zeigt sich, dass es deutliche Unterschiede bei den Dämmstoffen in Bezug auf die Körperschalleinleitung in Bauteile gibt. Offensichtlich besteht ein Bezug zwischen Dichte/ Raumgewicht der Dämmstoffe und deren Schallschutzeigenschaften. Zwar handelt es sich rein formal bei allen Dämmstoffen um mögliche „weichfedernde Dämmstoffe“ im Sinne der DIN 4109:2016, doch sind zwischen den unterschiedlichen Dämmstoffen teilweise Abstufungen und Unterschiede von bis zu 3 dB(A) messbar.
Grundsätzlich gilt im Schallschutz eine Erhöhung des Schallpegels um 3 dB(A) als Verdopplung der Schallintensität. Eine Erhöhung von 6-10 dB(A) wird vom menschlichen Ohr etwa als „doppelt so laut“ empfunden. Da die messbare oder gehörte Schallübertragung in aller Regel die Summe aller Teile (Schwachstellen) in einem Gebäude ist, empfiehlt Viega, hier gezielt nur akustisch erstklassige Dämm-, Schallschutz- und Brandschutzprodukte zu verwenden.
Dies senkt in jedem Fall einen möglichen Summenschallpegel ab und bewahrt vor Risiken und Überraschungen bei der Gebäudeabnahme oder späteren Nutzung. Einmal im Gebäude mangelhaft eingebaute oder minderwertige Schallschutzmaßnahmen in der Haustechnik lassen kaum austauschen oder beheben, da die Leitungen nicht mehr zugänglich sind.
Architekten, Planer und Ausführende sollten dies im Fokus haben.
Körperschall durch Befestigungen
Rohrschellen = Schallbrücke
Rohrleitungen müssen am Baukörper befestigt werden. Dies geschieht meist mit Dübeln, Schrauben, Gewindestangen und Traversen. Die Rohrleitung selbst wird mit einer Schelle gehalten. Wichtig ist hier der Einsatz von Schellen mit Gummieinlage. Bei der Montage ist darauf zu achten, dass die Gummieinlage nicht verrutscht oder durch zu festes Anziehen der Schelle zu stark komprimiert wird, damit keine direkter Kontakt zwischen der Rohrleitung und der Schelle entsteht.
Für die Viega Versorgungsrohrleitungen ist eine solche Befestigung ausreichend, um Körperschallübertragungen aus der Leitung und dem Medium der Leitung auf den Baukörper sicher zu verhindern.
Entsorgungsleitungen: Körperschallübertragung
Rohrschellen als enorme Schallbrücken
Bei Entsorgungsleitungen (Abwasserleitungen) ist eine handelsübliche Befestigung aus Dübel, Schraube, Gewindestange oder Traverse und Standardschelle mit Gummieinlage allein meist nicht ausreichend, um die Körperschallübertragung ins Bauteil ausreichend zu verhindern. Abwasserleitungen benötigen aufgrund des Gewichts und der Belastung in der Regel alle zwei Etagen (Geschosshöhe 3,0 m) einen Festpunkt (ab Ø 125 mm in jeder Etage) und mindestens je Etage eine Gleitschelle, um die Ausrichtung der Rohrleitung sicherzustellen.
Körperschallübertragungen aus Abwasserrohrsystemen sind eine kritische Größe im Schallschutz in der Haustechnik. Hier gilt es die Befestigungen genau zu planen und zu prüfen.
Schallschutznachweis mit Entwässerungs-Standardrohrschellen
Beim Lesen von Prüfberichten und Schallschutznachweisen fällt auf, dass nur wenige Hersteller ihre Leitungen mit Standardrohrschellen mit normaler Gummieinlage geprüft haben. Zumindest werden solche Lösungen nicht im Markt kommuniziert.
In der Regel finden sich in den Prüfnachweisen besondere Schallschutz-Rohrschellen. Dazu gehören zum Beispiel:
Schallschutz-Rohrschellen
- BISMAT 1000
oder Schallschutzentkoppler
- DÜKER Schallentkoppler
- SIKLA Schalldämmelement
- MÜPRO PHONOLYT.
Volumenstrom und Gleichzeitigkeit
Schallschutznachweise enthalten meist Angaben und Schallpegel für bestimmte Volumenströme. So wird meist bei 0,5/1,0/2,0 und 4,0 Liter pro Sekunde und Leitungen in DN 100 gemessen. Ein Spülkasten spült mit einer Wassermenge von rund 2,0–2,4 Liter pro Sekunde. Durch einen Bodenablauf DN 70 fließen 1,6 Liter pro Sekunde, durch einen Badewannenablauf mind. 0,85 Liter pro Sekunde.
Diese Ablaufzeiten sind bei den Spülkästen mit rund 3 Sekunden am kürzesten. Es ist also möglich, dass je nach Gleichzeitigkeit auch Volumenströme von 4 Litern pro Sekunde überschritten werden. Unter normalen Voraussetzungen ist im DN-100-Abflussrohr ein Volumenstrom von 4 Litern pro Sekunde möglich, im Rohr DN 125 schon über 6 Liter pro Sekunde und im Rohr DN 150 fast 9 Liter pro Sekunde.
Brandschutzmanschetten Brandschutzmanschetten als Rohrschotts sind in den meisten Deckendurchführungen vorgeschrieben. Die Brandschutzmanschetten bei Kunststoffrohren können jedoch den Schall als Körperschall ins Bauteil übertragen. Es ist wichtig, auf eine akustische Entkopplung zu achten. Bei Prüfungen von Abwasserleitungen mit und ohne Brandschutzmanschette wurden teilweise Differenzen von bis zu 5 dB(A) gemessen. Dies muss in der Planung berücksichtigt werden.
Volumenströme und Gleichzeitigkeiten müssen in die schallschutztechnischen Betrachtung und Planung einbezogen werden.
Körperschallübertragung in der Durchdringung
Entwässerungsleitungen verursachen meist die höchsten Geräusch- und Schalldruckpegel. Kritisch sind neben den Befestigungen und Schellen auch die Durchdringungen, wenn die Entsorgungssysteme durch Wände oder Decken geführt werden. Die einfachste Körperschallentkopplung ist ein handelsüblicher PE Dämmschlauch. Dieser muss die Rohrleitung im Bereich des Durchbruchs komplett umschließen, damit beim Ausgießen des Durchbruchs mit Mörtel keine Körperschallbrücken entstehen können.
Ab der Gebäudeklasse 3 (Gebäude mit 3 oder mehr Wohnungen), ist neben dem Schallschutz meist auch der Brandschutz zu berücksichtigen. Das bedeutet die Leitungen müssen über 30, 60 oder 90 Minuten abgeschottet sein und eine Übertragung von Feuer, Rauch und Temperatur entsprechend lange verhindern. Das bedeutet, dass in der Mehrzahl der Gebäude eigentlich immer Anforderungen an den Schall- und Brandschutz gleichzeitig gestellt werden und erfüllt werden müssen.
Prüfung am Fraunhofer Institut
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie unterschiedlich die Schallübertragung der angeregten Entwässerungsleitungen durch die Deckendurchführung und die dort verwendeten Systeme den Schall als Körperschall in den umgebenen Baukörper übertragen, haben wir im Fraunhofer Institut entsprechende Rohrleitungen mit dem Kleinhammerwerk „System Gösele“ angeregt.
Körperschallübertragungen spielen bei der Betrachtung von Geräuschübertragungen in der Installationswelt eine besondere Rolle.
Abbildung oben: Schnittzeichnung des Installationsprüfstands im Fraunhofer-Institut für Bauphysik. Der Prüfstand besteht aus je zwei übereinanderliegenden Räumen im Erd- und Untergeschoss (EG und UG). so dass in Verbindung mit Dach- und Kellergeschoss (DG und KG) auch über mehrere Stockwerke reichende Installation, wie z. B. Abwassersysteme, geprüft werden können.
Prüfung an Entsorgungsleitungen
Prüfung an brennbaren Entsorgungsleitungen
Brennbare Entsorgungsleitungen werden häufig als dickwandiges, sogenanntes schallgedämmtes Rohrsystem verwendet. Weit am Markt verbreitet sind hier Rohre aus PE-HD. Geprüft wurde an einem muffenlosen Rohrsystem Geberit Silent-db20 in der Größe DN 100 mit der bauaufsichtlichen Zulassung Z-42.1-265.
Diese Rohrsysteme werden, wenn keine Anforderungen an den Brandschutz bestehen, mit PE-Dämmung im Bereich der Durchdringung vor möglichen Schallbrücken durch Mörtel geschützt. Im Versuchsaufbau wurde eine handelsübliche PE-Dämmung in 3 mm Stärke verwendet. Der Dämmschlauch wurde dem Umfang der Rohrleitung entsprechend genau zugeschnitten. Die Schnittkante wurde mit einem Klebeband abgedeckt und gesichert.
Der zweite Versuchsaufbau war wieder eine Entsorgungsleitung wie zuvor beschrieben und es wurde als Körperschallentkopplung eine 3 mm PE-Dämmung in gleicher Weise verwendet.
Die Rohrleitung wurde zusätzlich mit einer Brandschutzmanschette nach Herstellervorgabe versehen. Die Brandschutzmanschette wurde mit den enthaltenen Metallschrauben und allen vier Laschen mit der Decke verschraubt. Die verwendete Manschette entspricht dem Viega Verwendbarkeitsnachweis
P-2400/003/15-MPA BS vom 07.03.2016 Anlage 14.
Beste Werte für Brandschutzmanschetten im Viega System
Das Ergebnis bei brennbaren Abwasserleitungen im Viega System. Der Vergleich von brennbaren Abwasserleitungen mit und ohne Brandschutzmanschette aus dem Viega Brandschutzsystem ergab bei unserer Prüfung nahezu identische Werte, was die Einleitung von Schall ins Bauteil als Körperschall angeht.
Prüfung an nichtbrennbaren Entsorgungsleitungen
Werden nichtbrennbare Entsorgungsleitungen (z. B. Guss/SML) eingesetzt, gibt es am Markt eine Vielfalt von Produktlösungen im Bereich der Deckendurchdringung. Wenn keine Anforderungen an den Brandschutz bestehen kann die Leitung wieder mit PE-Dämmung im Durchbruch versehen werden.
Die Prüfung mit der 3 mm PE-Dämmung ergab einen Summenschallpegel von 42 dB(a). Werden aus Brandschutzgründen hochverdichtete Steinwollschalen (z. B. Conlit 150 U) egal ob bei reiner oder Mischinstallation verwendet, ist mit einem deutlich höheren Eintrag von Schall als Körperschall ins Bauteil in der Durchdringung zu rechnen.
Hier wurden 48 dB(A) gemessen. Setzt man Dämmstoffe mit einem geringeren Raumgewicht ein, hier die Isover U Protect Pipe Schale (68–88 kg cbm) wurde ein Pegel vergleichbar zur Schallentkopplung von PE-Dämmung gemessen (42 db(A).
Mischinstallation entkoppelt den Schall
Hier ist meist die Strangrohrleitung aus Guss und die Anbindeleitungen (z. B. Objektanbindungen) bestehen an irgendeiner Stelle aus brennbaren
Leitungssystemen. Solche Systeme können im Deckendurchbruch unterschiedliche Materialien nach Zulassung des Mischinstallationssystems haben. Bei Rockwool ist dies stets die Rockwool Rohrschale Conlit 150 U, beim System von H.E.S. Saint Gobain ist dies die Dämmung Isover U Protect Roll Matte und beim System von Düker eine PE-Dämmung bis 5 mm.
Bei fast allen Systemen sind Bauteile integriert, die an irgendeiner Stelle die Guss/SML Rohrleitung oder eine Öffnung davon im Brandfall verschließen. Bei einigen Systemen geschieht oder kann dies im Strang direkt geschehen, z. B. bei Düker mit dem BSV90 Brandschutzverbinder oder bei H.E.S. Saint Gobain gem. Anlage 4 der Zulassung mit dem SVB Steckverbinder.
Entkopplung durch Brandschutzsysteme
Verwendet man Brandschutzsysteme, die die Strangrohrleitung trennen, wie im Viega Brandschutzsystem (P-2400/003/15-MPA BS vom 07.03.2016, Anlage 13, Düker BSV 90 oder H.E.S. Steckverbinder SVB (Anlage 4 der H.E.S. Zulassung) so lassen sich deutlich niedrigere Werte realisieren. Im konkreten Versuchsaufbau wurde beim SVB Steckverbinder ein Summenschallpegel von nur 31 dB(A) ermittelt.
Abbildung oben: Brennbares Abwasserrohr, durchgeführte PE-Dämmung, Brandschutzmanschette mit der Decke verschraubt, siehe Viega Verwendbarkeitsnachweis P-2400/003/15-MPA BS vom 07.03.2016
Identische Werte mit/ohne Brandschutzmanschette
Beim Einsatz des Viega Brandschutz Systems lassen sich bei Verwendung von brennbaren Entsorgungsleitungen in Verbindung mit den Brandschutzprodukten des Viega Brandschutz Systems (Anlage 14) die nahezu gleichen Werte erzielen. Die Schallübertragung in Form von Körperschall durch die Entsorgungsleitung ins Bauteil verschlechtert sich im Viega System nicht.
Darstellung oben: Summenschallpegel im UG hinten.
Brandschutz & Schallschutz
Brandschutz & Schallschutz bei Entsorgungsleitungen
Bei der Schallübertragung in der TGA und bei den Entsorgungsleitungen spielen alle Einzelteile und Komponenten eine Rolle und ergeben dann einen messbaren Summenschallpegel. Je besser die einzelnen Teile oder Komponenten eine Körperschallübertragung verhindern, umso sicherer lässt sich der Schallschutz insgesamt realisieren.
Letztlich müssen Planer, Bauherr und Ausführende in Summe bestimmte Pegel der DIN 4109:2016 bzw. ggf. der VDI 4100 einhalten. Warum letztlich der ggf. Wert verfehlt wurde, ist für den Schadensfall unwichtig. Sind die eingesetzten Rohrleitungs- und Brandschutzkomponenten auch schallschutztechnisch optimiert, so besteht ein deutliches Maß an mehr Sicherheit, zumindest im Bereich der Gebäudetechnik keinen negativen Beitrag zur Körperschallübertragung zu liefern.
Montagetipps
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Anziehen der Rohrschellen
Zu fest angezogene Rohrschellen verstärken die Schallübertragung und stellen daher erhebliche Schallbrücken dar.
Deshalb:
- Gleitschelle sollte nur leichten Kontakt zum Rohr haben
- Festpunktschelle nicht zu fest anziehen.
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Körperschall bei Entsorgungsleitungen entkoppeln
- Kontakt zum Baukörper unbedingt vermeiden
- Durch Decken und Wandöffnungen Rohre mit Dämmschlauch versehen
- Empfehlung: Fall- und Anschlussleitungen auch in der Trockenbauvorwand dämmen.
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Umlenkung der Entsorgungsleitung
Fallende Entsorgungsleitungen erzeugen deutlich höhere Schallbelastungen als umgeleitete.
Deshalb:
- Umlenkungen der Fallleitung immer mit 2x45 Grad Bogen ausführen
- Bei Leitungslängen > 22 m zusätzlich Beruhigungsstrecken von 250 mm vorsehen.
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Verlegung im Wandschlitz
- Schwere oder schallgedämmte Rohre bevorzugen
- Rohr dämmen
- Hohlräume im Wandschlitz nicht ausmörteln, sondern z. B. mit Mineralwolle ausstopfen
- Körperschallbrücken vermeiden
- Bei Verlegung auf der Seite der schutzbedürftigen Raumes sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich.
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Abwasserleitungen in schutzbedürftigen Räumen verlegen
- abgehängte Decke in gedämmter Ausführung
- Rohrleitungen mit Bleifolie ummanteln (Bei Umlenkung von Fallleitungen in eine horizontale Leitungsführung ist die Bleifolie 0,5m vor und mindestens 3m nach der Umkehrung vorzusehen).