Jonas Kreis im Interview: Mit gering investiven Maßnahmen Energie sparen
Von Seiten der Europäischen Union und der Bundesregierung steigt der Druck auf die Wohnungswirtschaft, in die Energieeffizienz von Gebäuden zu investieren. Das betrifft nicht nur den Neubau. Besonders in Bestandsgebäuden soll der Energieverbrauch deutlich sinken. Aber die erforderlichen Sanierungsarbeiten sind häufig kostenintensiv. Und selbst geringinvestive Maßnahmen summieren sich bei vielen Liegenschaften zu einem enormen Budget.
Gering investive Modernisierungen, wie die Installation der Einzelraumregelung Fonterra Heat Control, schneiden in der Kosten-/Nutzenbetrachtung sehr gut ab und steigern außerdem den Immobilienwert.
Jonas Kreis (Key Account Manager), Viega GmbH & Co: KG
Wie viel an Energieersparnis lässt sich dadurch als Gegenwert tatsächlich erzielen – Stichwort Pre- und Rebound-Effekt? Kann die Wohnungswirtschaft davon auch etwas als Return on Investment verbuchen? Oder profitieren nur die Mieter von einem geringeren Energiebedarf? Dazu haben wir Viega Key Account Manager Jonas Kreis befragt.
Viel Spaß beim Lesen!
Das Interview: Jonas Kreis
Herr Kreis, die geänderte Förderkulisse der Bundesförderung für effiziente Gebäude oder die neue Aufteilung des CO2-Aufschlags zwischen Mieter und Vermieter zeigen klar, dass die Gebäudesanierung für den Gesetzgeber höchste Priorität hat. Wie reagieren Wohnungswirtschaft und Investoren?
Jonas Kreis:
Die Situation ist für Investoren und die Wohnungswirtschaft sehr heterogen und komplex. Die notwendige Bestandssanierung löst einen hohen Finanzbedarf aus. Zurückhaltung bei der energetischen Bestandssanierung ist jedoch auch keine Option. Denn dies würde auf Sicht zu einer deutlichen Abwertung des Gebäudebestands durch die Finanzwirtschaft führen und so die finanziellen Spielräume immer weiter einschränken. Auf der anderen Seite belasten der Mangel an Fachkräften und Material sowie die steigenden Zinsen die Wirtschaftlichkeit von Effizienzmaßnahmen.
Etwas anders ist die Situation im Neubausegment. Da die energetische Qualität eines Gebäudes ein wichtiges Vermarktungskriterium ist, übererfüllen Investoren großer Neubauprojekte sogar immer häufiger die gesetzlichen Mindeststandards. Die steigende Bedeutung von DNGB- und QNG-Zertifizierungen belegen diese Entwicklung. Denn bei der Neubauplanung ist Nachhaltigkeit durchaus wirtschaftlich und steigert den Immobilienwert.
Wie lassen sich denn Effizienzmaßnahmen im Gebäudebestand wirtschaftlich darstellen? Schließlich kommen Energieeinsparungen in erster Linie den Mietern zugute – und nicht der Wohnungswirtschaft selbst ...
Jonas Kreis:
Die BEG-Förderung [Bundesförderung für effiziente Gebäude, Anmerkung der Red.] trägt auf jeden Fall zur Wirtschaftlichkeit von Effizienzmaßnahmen bei. Die Förderquoten zur Sanierung eines Altbaus hin zum Effizienzgebäude wurden erst im letzten Jahr angehoben. Das geschah unter anderem durch die Einführung des Worst Performing Building-Bonus, der jetzt zehn Prozent beträgt. Hinzu kommen die üblichen Abschreibungen und die Umlage von Sanierungskosten auf die Mieter. Sinken die Energiekosten für die Gebäudenutzer, bleibt mehr Spielraum für den Mietzins. Allerdings wird dieser Faktor beim Return on Investment aufgrund von Prebound- und Rebound-Effekten oft überschätzt.
Was sind die wichtigsten Treiber dieser Effekte, und wie können sie abgemildert werden?
Jonas Kreis:
Die Berechnung des Energiebedarfs eines Gebäudes gemäß den Standardwerten im Gebäudeenergiegesetz passen häufig nicht zum tatsächlichen Bedarf. Das kann zum Beispiel der Fall sein, weil die tatsächliche Bauausführung von der Planung abweicht – dem sogenannten Prebound-Effekt. Beim Rebound-Effekt wird das Nutzerverhalten falsch eingeschätzt, sodass die energetischen Maßnahmen nicht die prognostizierte Einsparung bringen. Das Umweltbundesamt hat ein hoch interessantes Ad-hoc Papier veröffentlicht, wie sich diese Ungenauigkeiten reduzieren lassen. So können Unternehmen der Wohnungswirtschaft im Vorfeld die Sanierungsmaßnahmen besser kalkulieren und priorisieren.
Was ist von gering investiven Einzelmaßnahmen zu halten? Weisen sie eine bessere Kosten-/Nutzen-Relation auf? Beispielsweise ist für Wohnhäuser ab sechs Wohneinheiten, die mit Erdgas beheizt werden, der hydraulische Abgleich nun Pflicht.
Jonas Kreis:
Richtig, der hydraulische Abgleich wird in der sogenannten EnSimiMaV [Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen, Anmerkung der Red.] zusammen mit der Heizungsoptimierung gefordert. Grundsätzlich ist dieser Ansatz zu begrüßen. Denn eine nicht optimal eingestellte Heizung trägt auch zu den erwähnten Effekten bei. Wie hoch die Energieersparnisse durch einen hydraulischen Abgleich tatsächlich ausfallen, ist natürlich bei jeder Heizungsverteilung anders. Außerdem ist der hydraulische Abgleich, so wie er üblich ist, statisch. Eine höhere Ersparnis lässt sich mit einem dynamischen hydraulischen Abgleich erzielen.
Was ist denn dieser dynamische hydraulische Abgleich, und wie lässt er sich umsetzen?
Jonas Kreis:
Der wesentliche Unterschied ist: Bei einem konventionellen hydraulischen Abgleich werden die Volumenströme durch Voreinstellungen am Durchflussmengenmesser auf die einzelnen Heizkreise durch feste Widerstände aufgeteilt. Da diese Einstellung auf den maximalen Wärmebedarf an wenigen Wintertagen ausgerichtet ist, entstehen während des überwiegenden Betriebs unnötige Druckverluste.
Bei dem dynamischen hydraulischen Abgleich hingegen werden die Heizkreise bei Wärmeanforderung – also wenn die Solltemperatur noch nicht erreicht ist – voll geöffnet. Die Soll-/Ist-Temperatur wird automatisch und kontinuierlich abgeglichen. Sobald die Wunschtemperatur erreicht ist, schließt der Stellantrieb vollständig. Damit wird der erforderliche Volumenstrom gelenkt statt durch hydraulische Widerstände gedrosselt. Für einen solchen dynamischen Abgleich der Hydraulik von Fußbodenheizungen hat Viega die Raumregelung Fonterra Heat Control entwickelt. Sie lässt sich sehr einfach im Heizkreisverteiler nachrüsten. Energieeinsparungen von bis zu 20 Prozent sind dadurch realistisch.
Sie sprechen von einer Regelung im Heizkreisverteiler, von Stellantrieben, von Raumregelung, also sind Raumthermostate erforderlich. Zählt dieser Aufwand noch zu einer geringinvestiven Maßnahme?
Jonas Kreis:
Was Sie fragen, ist tatsächlich entscheidend: Welcher Aufwand ist mit der Installation von Fonterra Heat Control verbunden? Ist es die versprochene geringinvestive Maßnahme? Da haben wir uns von der Wohnungswirtschaft inspirieren lassen. Zum Beispiel sind Raumthermostate der führenden Schalterhersteller mit dem System kompatibel, müssen unter Umständen also gar nicht ausgetauscht werden. Die Verdrahtung der Regelung im Heizkreisverteiler ist steckerfertig und funktioniert per Plug-and-play. Raumthermostate und Heizkreise lassen sich außerdem sehr einfach mit einem Online-Tool zuordnen und per USB-Stick in alle Regelungen baugleicher Wohnungen einlesen. Mit Fonterra Heat Control entfällt also die aufwendige Berechnung der Volumenströme und das entsprechende Einregulieren der einzelnen Heizkreise, wie dies bei dem üblichen hydraulischen Abgleich über feste hydraulische Widerstände erforderlich ist. Das alles zahlt auf das Stichwort geringinvestiv ein ...
Bleiben aber noch die Materialkosten …
Jonas Kreis:
Das stimmt. Doch die amortisieren sich schnell. Denn verpflichtet die EnSimiMaV Wohnungsunternehmen in bestimmten Gebäuden zum hydraulischen Abgleich, sind die damit verbundenen Kosten nicht umlagefähig. Die Installation der Einzelraumregelung Fonterra Heat Control erhält jedoch gemäß der BEG für Einzelmaßnahmen eine Förderung von 20 Prozent. Und der hydraulische Abgleich wird gleich mit erfüllt. Außerdem steigt der Immobilienwert, denn Fonterra Heat Control erhöht den Wohnkomfort durch zusätzliche Vorteile beträchtlich. Zum Beispiel erwärmt sich der Raum durch das vollständige Öffnen der Heizkreise schneller. Eine andere Funktion stellt sicher, dass der Boden nicht fußkalt wird, wenn aufgrund der erreichten Wunschtemperatur nicht geheizt werden muss. Im Übrigen: Durch die Einzelraumreglung wird auch eine Überhitzung der Räume praktisch ausgeschlossen, was sonst häufig zu dem erwähnten Rebound-Effekt führt.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Die Einzelraumregelung Fonterra Heat Control ist eine geringinvestive Einzelmaßnahme für Fußbodenheizungen mit einer hohen Effizienz, die sogar den Immobilienwert steigert. Aber was ist, wenn gar keine Fußbodenheizung vorhanden ist?
Jonas Kreis:
... dann gibt es auch dafür im Fonterra-Programm sehr wirtschaftliche Lösungen. Und die sind wichtig. Denn der Umstieg von fossilen Heizungen hin zu Wärmepumpen ist unumkehrbar. Zumal der Markt bereits effiziente Luft-/Wasser-Wärmepumpen für Mehrfamilienhäuser anbietet. In Kombination mit diesen Wärmeerzeugern ist eine Fußbodenheizung die beste Lösung. Aber das wäre wieder ein neues Thema.
Ja, sehr gerne! Herzlichen Dank, Herr Kreis. Wir freuen uns auf eine Fortsetzung.
Jonas Kreis:
Ich mich auch. Und wenn die Leser weitere Informationen benötigen, stehe ich gerne für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Hier meine E-Mail zur Kontaktaufnahme: Jonas.Kreis@viega.de
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